Zwei Männer schwitzen, bluten und
hauen sich gegenseitig ins Gesicht. Was unter anderen Umständen eine Straftat
wäre, ist solange es mit Kampfrichter, Handschuhen und vor einem Millionenpublikum
abläuft ein hoch dotierter Profisport. Boxen. Kaum ein Sport eignet sich
besser, um mitreißende Underdog-Geschichten zu erzählen. Eine Filmreihe hat
dieses Genre geprägt und geht nun in die bereits siebte Runde, Rocky. Nun nimmt
der namensgebende Rocky Balboa aber eine Nebenrolle ein und macht Platz für die
nächste Generation. Ob den Boxern in Runde 7 langsam die Luft ausgeht oder der
Fight jetzt erst richtig beginnt, erfahrt ihr in dieser Filmkritik.
Adonis Johnson ist ein
unehelicher Sohn des großen Apollo Creed. Sein Vater stirbt noch vor seiner
Geburt, an den Folgen eines Boxkampfs, seine Mutter als er noch ein kleiner
Junge ist. So wandert er von einem Heim ins nächste und landet schließlich im
Jugendarrest. Er prügelt sich. Ist sauer auf seinen Vater, der ihm seiner
Meinung nach im Stich gelassen hat. Als Apollos Ehefrau ihn jedoch aufnimmt,
ändert sich sein Leben schlagartig. Er genießt ein privilegiertes Leben in LA,
hat einen guten Job und doch ist er unzufrieden. Nach einer hochrangigen
Beförderung schmeißt er sogar hin und kündigt. Warum? Er will boxen. Aber nicht
unter dem Namen seines Vaters, in dessen Schatten er steht. Er will sich selbst
einen Namen machen und geht deshalb nach Philadelphia, um den einen Mann
ausfindig zu machen, der aus ihm einem richtigen Boxer macht, Rocky Balboa.
Tatsächlich gelingt es ihm den alten Champion als Trainer anzuheuern und schon
kurze Zeit später wird seine Herkunft wieder wichtiger als ihm lieb ist.
Die Story ist wenig überraschend.
Ein junger Mann mit einem Traum, den er trotz aller Widerstände verfolgt und
damit zu Ruhm und Ehre gelangen will. Die typische Underdog-Geschichte, die
dieses Genre immer wieder erzählt. Der klischeehafte Story und deren Umsetzung ist
definitiv der schwächste Punkt von Creed. Es ist wie bei der neuen Star Wars
Verfilmung. Man orientiert sich sehr stark am Original, baut sehr viele
Anspielungen und Referenzen ein, in dem Versuch nebenbei eine neue Generation von
Protagonisten einzuführen. Klappt das? In meinen Augen auf jeden Fall, denn so
uninspiriert die Story an sich ist, Adonis Kampf um aus den gewaltigen Schatten
seines Vaters herauszutreten und glaubhaft erzählt und ebnet den Weg für
weitere Auftritte des jungen Boxers, dem eine rosige Zukunft bevorsteht. Nur
hält man sich gegen Ende eine bestimmte Tür etwas zu weit offen. Da hätte man
sich ruhig mehr zutrauen könne, um einen endgültigen Schlussstrich zu ziehen
und noch eine emotionale Komponente hinzuzufügen. Ich will jetzt natürlich
nicht zu viel verraten, aber hier wurde eine Chance vertan und auf Nummer
sicher gegangen.
Vor allem aber einem super
durchtrainierten und gut aufgesetzten Micheal B. Jordan ist es zu verdanken,
dass der neue Held der Serie gut funktioniert. Er bringt die Physis eines
Boxers wunderbar auf die Leinwand und wirkt in all seinen Taten jederzeit
glaubhaft und nachvollziehbar. Ganz großes Lob muss ich aber einem Sylvester
Stallone aussprechen, der zu Recht als bester Nebendarsteller für den diesjährigen
Oscar nominiert ist. Einzig Tessa
Thompson als Love Interest Bianca weiß noch nicht ganz zu überzeugen. Zwar bietet
auch ihr Handicap ausreichend Potential für interessante Konflikte und
Geschichten, aber das wurde noch nicht hundertprozentig ausgereizt.
Kommen wir aber zu dem Punkt, der
diesen Film wieder einmal verdammt gut werden lässt. Die Action im Boxring an
sich. Was dort an Intensität, Willen, Kraft und Stimmung auf die Leinwand transportiert
wird, ist der pure Wahnsinn. Es hält einen kaum im Kinosessel, so spannend und
intensiv sind die Fights inszeniert. Ganz großes Lob an die Kamera, die
scheinbar schwerelos durch den Ring zu gleiten scheint und jede Aktion perfekt
einfängt. Solche Kämpfe würde ich gerne tatsächlich im TV bewundern können!
Aber auch außerhalb des Boxrings kann der Film technisch auf ganzer Linie
überzeugen. Die Trainings-Sessions sind mit leicht abgewandelten Versionen des gewohnt-genialen
Soundtracks unterlegt. Ruhige und emotionale Momente packend eingefangen.
Filmisch ist Creed auf jeden Fall ganz großes Kino.
An dieser Stelle wie immer die Filmkritik als Video:
An dieser Stelle wie immer die Filmkritik als Video:
Somit bleibt nur noch zu sagen,
dass Creed ein weiterer Film ist, der den Weg für eine neue Generation
freimachen soll. Die Schwächen in der Erzählung macht er durch die unglaublich
gelungene Inszenierung mehr als wett und die wirklich hervorragenden
schauspielerischen Leistungen machen den Kinobesuch zu einem Erlebnis. Kann man
sich auf jeden Fall anschauen und ich bin gespannt wie es mit Adonis Creed
Johnson so weiter geht.
Pro:
+ packend inszenierte
Boxkampf-Action
+ hervorragende Kameraarbeit
+ nachvollziehbare Motivation und
Probleme des Protagonisten
+ tolle schauspielerische
Leistungen von Stallone und Jordan
+ großartiger Soundtrack
Kontra:
- Story sehr klischeehaft, weicht
zu wenig vom gewohnten Schema ab
- Erzählung hätte sich etwas mehr
trauen können
- Tessa Thompson nicht so überzeugend
wie ihre Kollegen
Wertung: 8/10
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