Seit über einem Jahr trage ich
regelmäßig eine Smartwatch an meinem linken Handgelenk, die Sony Smartwatch 2. Diese
intelligenten Uhren waren in den letzten Jahren DIE neue Technik, die durch die
großen Hersteller auf den Markt gekommen ist. Nachdem der Smartphone-Markt ein
wenig auf der Stelle tritt und Virtual Reality den Praxistest noch vor sich
hat, sollten Smartwatches mittlerweile den Markt erobert haben. Doch wenn man
sich so umsieht, fällt auf, dass kaum jemand solche Uhren trägt. Sie werden zu
Ladenhütern und Randerscheinungen. Doch woran liegt das und braucht man diese
Smartwatches überhaupt? Gehen wir diesen Fragen auf den Grund.
Zunächst möchte ich über meine
eigenen Erfahrungen mit der Sony SmartWatch 2 reden. Einen Testbericht zur Uhr
findet ihr auch auf meinem Blog. Nach über einem Jahr muss ich sagen, dass ich
die Uhr weiterhin sehr gerne trage, benutze und prinzipiell weiterhin von ihrer
Funktionalität überzeugt bin. Der entscheidende Punkt ist aber, wirklich gebraucht
wird sie nicht. Es ist extrem komfortabel über das Handgelenk den Musikplayer
steuern zu können. Das ist mit Abstand das von mir meistgenutzte Feature. Das
Smartphone immer aus der Hosentasche holen, nur weil die mir Song gerade nicht
passt, ist doch um einiges aufwendiger. So wird fix auf der Uhr einmal nach rechts gewischt
und fertig. Auch über eingehende Benachrichtigungen oder eingehende Anrufe informiert
zu werden ist verdammt praktisch. Auch die Funktion direkt auf Mitteilungen mit
kurzen, voreinstellbaren Nachrichten zu antworten, ist wirklich sinnvoll. Klar,
das sind alles keine Funktionen, die man unbedingt benötigt, aber sie bieten
doch einen erheblichen Komfort.
Ein Anzeichen zeigt mir aber ganz
deutlich, wie wenig solche intelligenten Uhren auf dem Markt angekommen sind. Sobald
man anfängt auf seiner Uhr herum zu tippen oder zu wischen, wird man direkt
blöd angeschaut. Selten entwickelt sich daraus ein ganz interessantes Gespräch,
indem sich jemand gezielt informieren oder austauschen möchte, aber in den
meisten Fällen wird nur blöd geschaut „Was macht der da?!“ Will man das? Ich
jedenfalls komme mir manchmal etwas komisch vor, wenn ich in der Straßenbahn
auf meiner Uhr rumwische und meine Sitznachbarn merkbar zuschauen. Liegt das
aber an der Uhr an sich? Nein! Nur daran, dass man sie sonst so selten in
Aktion sieht. Menschen, die mit gesenkten Blick und krümmen Rücken auf ihr
Smartphone starren, sind völlig normal. Aber diese Uhren sind doch noch eine
Rarität.
Smartwatches gibt es doch aber
nicht erst seit gestern. Woran liegt es also, dass sie nie so richtig den Weg
an viel mehr Handgelenke gefunden haben?
Der erste Grund ist definitiv die
Ausrichtung auf eine zu enge Zielgruppe. Schaut man sich diese smarten Uhren
an, wird man schnell feststellen, dass der Fokus ganz klar auf einer männlichen
Zielgruppe liegt. Die Uhren sind groß, verdammt groß sogar. Ich habe nicht die dünnsten
Ärmchen und selbst bei mir sehen einige der Uhren verdammt riesig und klobig
aus. Zudem sehen die Uhren doch sehr maskulin aus. Damit vergrault man schon
die weibliche Kundschaft und verschenkt viel Potential.
Weiterhin wird auch bei den Uhren
versucht mit technischen Specs zu überzeugen. Das mag technikinteressierte
Kunden ansprechen, aber eine Uhr ist in allererster Linie für viele ein
Modeprodukt. Das Marketing zielt hier in die komplett falsche Ecke. Verkauft
die Uhr als Uhr. Hebt die wirklich sinnvollen smarten Features als Sonderfunktionen
hervor und überlasst Angaben zur Auflösung, zum verbauten SoC Leuten, die
gezielt danach suchen. Es mag ja sein, dass da ein neuer Snapdragon drin sitzt,
aber wenn die Uhr optisch nicht überzeugen kann oder nicht ansprechend
präsentiert wird, hilft das auch nicht. Ich liebe es an den Schaufenstern von
Läden vorbeizugehen und mir die Uhren anzuschauen. Warum werden Smartwatches
nicht auf die Weise präsentiert? So versauern sie in Elektronikfachmärkten auf
kleinen Tischen, die im Laden völlig untergehen.
Ein weiterer Kritikpunkt ist das
Betriebssystem. Klar, ist das immer Geschmackssache, aber ich finde vor allem
Android Wear viel zu überfrachtet und einfach nicht ansprechend. Auch Apples
Ansatz sieht zwar zumindest ansprechender aus, aber wirkt auch viel zu
überladen. Zudem versucht man viel zu viele Funktionen einzubinden. Lautsprecher,
Speicher, Mikrofon, Herzfrequenzmesser… Warum? Weil man mit seiner Uhr reden
möchte? Aus der Uhr Musik hören will? Okay beim Herzfrequenzmesser gehe ich
noch mit. Alles andere treibt den Preis in die Höhe, braucht Platz und wird von
den wenigsten genutzt. Für mich ist so eine Uhr eine Displayergänzung und Kontrolleinheit.
Und natürlich eine Uhr Mehr nicht! Das ist natürlich meine ganz eigene Meinung,
aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die Mehrzahl der potentiellen Kunden mit
einer Uhr telefonieren möchte. Es wird viel zu sehr versucht, ein Smartphone in
einem anderen Format an das Handgelenk zu bringen. Das klappt nicht! Verfrachtet
doch wirklich nur die sinnvollen Funktionen auf die Uhr und überlasst den Rest
dem Smartphone!
Zu guter Letzt der Preis. Den
sehe ich gar nicht so kritisch (okay bis auf die Apple Watch), denn Uhren haben
nun einmal ihren Preis. Auch ganz ohne den smarten Zusatz legt man für eine
ordentliche, hochwertige Uhr bis zu mehrere hundert Euro auf den Tisch. Das
Problem ist nur, dass der Kunde den Preis mit den Funktionen vergleicht. „Wie
die kann nur Benachrichtigungen anzeigen und die Musik steuern? Dafür soll ich
300 Euro bezahlen?“. Aber 500 Euro teure Uhren von Citizen, Fossil oder Swiss,
die „nur“ die Uhrzeit anzeigen sind okay? Wird hier ein Schema deutlich? Nicht
die Funktionen machen den Preis, sondern das Design, die Verarbeitung und vor
allem die Präsentation. Das Marketing hat in diesen Punkten noch einiges an
Arbeit vor sich um der Kundschaft klar zu machen, dass es nicht um die
technischen und softwareseitigen Möglichkeiten geht.
All diese Faktoren sorgen dafür,
dass Smartwatches zu einer scheinbar traurigen Randerscheinung geworden sind.
Das haben sie in meinen Augen nicht verdient. Wie aber könnte man den Markt von
den intelligenten Uhren überzeugen. Wer meinen Beitrag aufmerksam verfolgt hat,
sollte eine Lösung schon herausgelesen haben. Die Uhren müssen als Uhren
verkauft werden, die zudem noch ein paar wirklich tolle Extras bieten und nicht
als extrem abgespeckte Computer am Handgelenk. Außerdem frage ich mich
ernsthaft, warum man diese Uhren nicht andauernd als Bundle angeboten bekommt.
Zum neuem Galaxy Smartphone gibt es eine Galaxy Gear dazu. Zum Moto X eine Moto
360. Das würde vielleicht die Gewinnmarge verringern, aber die Dinger kommen in
Umlauf. Sie werden „normaler“ und damit deutlich präsenter, werden häufiger
wahrgenommen und die Nachfrage steigt. Das ist jedenfalls meine Theorie.
Und jetzt seid ihr gefragt.
Gehört ihr zu den wenigen, die auch eine Smartwatch besitzen und regelmäßig
nutzen? Seit ihr mit den grundlegenden Funktionalitäten zufrieden oder fehlt
euch tatsächlich etwas? Schreibt mir eure Meinung in die Kommentare. Ich bin
gespannt!
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