Wie weit darf ein Film von der literarischen Vorlage abweichen? Diese Frage hing mir nach dem Kinobesuch von Ready Player One noch lange im Kopf. Denn nach Erscheinen des ersten Trailers, habe ich mir das Buch dazu durchgelesen und war dann überrascht wie stark der Film vom Buch abweicht. Ja, ich war tatsächlich etwas sauer. Aber macht das Film deswegen auch schlechter? Finden wir es heraus!
Willkommen in der OASIS
Die Ausgangslage ist noch die
gleiche. In naher Zukunft verbringen die Menschen beinahe ihr ganzes Leben in
der OASIS, einer virtuellen Realität. Darin können Sie zur Schule gehen,
Arbeiten, Spielen und soziale Kontakte pflegen. Da die Welt in der Realität
durch Ressourcen-Knappheit kaum noch etwas zu bieten hat, hat die OASIS die
Realität fast schon abgelöst. Als der Erfinder dieser OASIS James Holliday stirbt,
beginnt ein nie dagewesener Wettkampf. Denn dieser hinterlässt eine Videobotschaft,
in der er die Jagd auf ein in der OASIS verstecktes Easter Egg eröffnet. Wer
auch immer dieses Easter Egg als erstes findet, erbt nicht nur sein gesamtes
Vermögen, sondern erhält auch die volle Kontrolle über die OASIS. Hier kommt
unsere Hauptfigur Wade Watts ins Spiel. Er lebt in den sogenannten Stacks, einem
Slum-artigen Randbezirk und er ist ein absoluter Halliday Nerd und hat sich der
Jagd nach dem Easter Egg verschrieben. Ihm gegenüber steht der Konzern IOI.
Dieser will vor allem aus finanziellen Gründen das Easter Egg finden und
schreckt dafür vor gar nichts zurück.
Die Grundlage, kleine,
unscheinbare Heldengruppe kämpft gegen einen übermächtigen Konzern findet sich
auch im Buch wieder. Auch einige wenige Eckpfeiler der Erzählung lassen sich
wiederfinden. Das war es aber auch schon. Was ich nicht verzeihen kann, ist das
der Film die Hauptaufgaben der Vorlage komplett über den Haufen wirft. Zum Erreichen
des Easter Eggs muss eine Reihe von Rätseln entschlüsselt und verschiedene
Aufgaben gelöst werden. Nicht ein einziges Rätsel aus der Buchvorlage hat es
den Film geschafft. Aus einer liebevollen Hommage an einen Lieblingsfilm von
James Halliday, bei dem die Teilnehmer wirklich beweisen müssen, dass sie den
Film kennen, wird ein übertriebenes Effekt-Gemetzel. Ein intimes Gaming-Duell
mutiert zu einer sinnfreien Verfolgungsjagd. Figuren schlüpfen in komplett andere Rollen und das
Aufeinandertreffen unserer Protagonisten findet ganz anders statt.
Das Buch an sich war schon nicht
sonderlich tiefgründig, aber der Film schafft es, auch dank der vielen
sinnlosen Änderungen, noch belangloser und oberflächlicher zu wirken. Zwar
versucht man gegen Ende den Konflikt der virtuellen OASIS und „echten“ Realität
aufzugreifen, aber das geschieht nicht nur viel zu spät, sondern auch einfach
zu plump.
Und genau deswegen bin ich eher
sauer und enttäuscht aus dem Kino gegangen.
Viel zu viel auf einmal
Die Story ist schon einmal
ziemlicher Murks und geht völlig an der Romanvorlage vorbei. Doch schafft es
Spielberg wenigstens einen unterhaltsamen Blockbuster auf die Leinwand zu
zaubern. Unter gewissen Gesichtspunkten schon, für meinen Geschmack aber leider
auch nicht richtig.
Das Positive vornweg, Ready
Player One kann zuweilen wirklich richtig gut aussehen und wenn sie es schaffen
Referenzen dezent und clever einzubinden, dann macht der Film verdammt viel
Spaß. Am besten gefallen hat mir eine Szene, in dem die Charaktere einfach nur
durch ein altes Filmset spazieren. Was dann aber danach passiert, versaut die
Szene wieder.
Spielberg übertreibt es einfach.
Sinnbildlich dafür kann man schon die erste Aufgabe heranziehen. Hier bekommt
man ein Wettrennen zu sehen, bei dem nicht nur hunderte Fahrzeuge kreuz und
quer über die Leinwand schießen, sondern auf einmal King Kong und ein T-Rex in
das Geschehen mit eingreifen. Und dann bricht die Hölle los. Als Zuschauer kann
man gar nicht mehr folgen. Ein Effekt wirkt viel beeindruckender, wenn er nicht
neben den weiteren tausend Effekte, die gleichzeitig stattfinden, untergeht. Zwischendrin
ein Cut auf einen Gaming Charakter, nur um die Referenz auch dem letzten
Zuschauer unter die Nase zu reiben und auf zur nächsten Chaos-Szene.
Auch wenn der Film gut aussieht
und die OASIS glaubhaft eingefangen wurde, ich war immer froh, wenn es zurück
in die Realität ging und das Tempo gedrosselt wurde. Es passiert einfach viel
zu viel auf einmal, wodurch einzelne Details gar nicht glänzen können.
Keine neuen Helden
Schauspielerisch gibt es auch nur
zwei positive Ausrutscher. Der erste ist Mark Rylance in der Rolle des James
Halliday. Und die zweite positive Ausnahme ist Lena Waithe. Ansonsten fand ich
unsere Protagonisten entweder peinlich oder einfach nur austauschbar und blass.
Mendelsohn verpasst es dem Gegenspieler auch nur einen Hauch von Bedrohung zu
verleihen. Die Liebesgeschichte zwischen Tye Sheridan (als Wade) und Olivia
Cooke (als Samantha) funktioniert absolut gar nicht. Diese Love-Story war im
Buch schon sehr platt, aber hier fehlt zudem die Chemie zwischen den beiden
Schauspielern. Im Drehbuch stand eben „Küsst euch jetzt“ und fertig. Da kommt
nichts rüber!
Natürlich gibt es auch hier wieder ein Video:
Natürlich gibt es auch hier wieder ein Video:
Fazit
Der Film Ready Player One ist
eine weichgespülte Version der an sich schon oberflächlichen Buchvorlage. Man verzichtet auf alles, was das Buch noch
interessant gestaltet hat und setzt auf noch mehr Bombast und noch mehr weniger
gut versteckte Referenzen. Wollte man einen guten Film kreieren oder einen
Film, der nur dazu da so viele Gaming und Filmreferenzen wie möglich
unterzubringen? Die mehr als 120 Minuten Laufzeit vergehen zwar recht flott und
der Film sieht auf jeden Fall gut aus. Aber gut aussehen, ist heutzutage keine
besondere Leistung mehr. Dank der vielen Abweichungen vom Buch, der noch blöderen
Geschichte und den enttäuschenden Leistungen der Schauspieler, ist Ready Player
One für mich die erste große Enttäuschung in diesem Kinojahr. Schade!
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