Shadow of the Tomb Raider: Das tolle Setting nicht voll genutzt



Mit Shadow of the Tomb Raider endet die Reboot-Trilogie, die uns die Geschichte der jungen Lara Croft näher bringen sollte. Der erste Teil konnte mich damals noch voll und ganz überzeugen. Bis heute gehört das Spiel zu meinen absoluten Lieblingen. Im zweiten Teil ist man für meinen Geschmack mit der Prämisse „größer, höher, schneller, weiter“ zu sehr über das Ziel hinausgeschossen. Spaß hatte ich trotzdem. Geht der Abwärtstrend nun aber mit dem dritten Teil weiter oder bewegt man sich wieder in die richtige Richtung? Lest weiter!

Vom Weltuntergang

Die immer noch junge, aber nicht mehr so unerfahrene Lara begeht zu Beginn des Spiels einen schweren Fehler, der den Anfang vom Ende der Welt lostritt. Natürlich gibt es noch ein verschollenes  Artefakt, mit dem man den Untergang noch aufhalten kann und so begibt sich die Schatzjägerin in den peruanischen Dschungel. Blöderweise ist auch die altbekannte Trinity-Organisation auf der Suche nach dem sagenumwobenen Artefakt, um mit dessen Hilfe die Welt neu zu erschaffen. Und damit beginnt der Wettlauf!

Was mir an der Story richtig gut gefällt, ist das Setting. So spielen die Kulturen und Mythen der Maya und Azteken eine zentrale Rolle der Erzählung. Das trifft voll und ganz meinen persönlichen Geschmack. Nicht nur weil diese Mythologien extrem unverbraucht sind, sondern auch voller interessanter Geschichten stecken. Von allen drei Teilen sagt mir die Ausgangslage in Shadow of the Tomb Raider mit Abstand am besten.

Leider wird das nie genutzt. Neben einigen tollten Set Pieces und wenigen mythologischen Einflüssen verliert sich die Story extrem schnell im üblichen Gut gegen Böse Schema. Wobei das „Böse“ im Form des Antagonisten Dominguez und seinem Kukulkan-Clan wird beinahe überhaupt nicht porträtiert. Das gilt aber auch für die „gute“ Gegenseite, die durch die Rebellenanführerin Unuratu vertreten wird. Einzig Lara und ihr Freund Jonah sind im dritten Teil besser geschrieben als je zuvor. So hadert Lara endlich mit ihren teils fragwürdigen Entscheidungen und Aktionen und ihr Freund Jonah dient als moralischer Anker. Die Beziehung der beiden hat mir tatsächlich sehr gut gefallen.

Ansonsten ist die Story aber eher als Schwachpunkt zu betrachten.

Schlamm-Maske

Gar kein Schwachpunkt ist dafür das Gameplay. Aufbauend auf dem starken Gerüst der beiden Vorgänger verfeinert Shadow of the Tomb Raider vor allem die Schleichmechanik und schafft damit abwechslungsreichere Auseinandersetzungen.

Während mir die Feuergefechte vor allem im zweiten Teil mit der Zeit zu ausufernd vorkamen, kann man den dritten Teil nun in großen Teilen komplett ohne Feuerkraft durchspielen. Zwar werdet ihr natürlich auch hin und wieder zum Gewehr greifen, aber das erste Mittel der Wahl bleibt das versteckte Vorgehen. So kann sich Lara nun mit Schlamm beschmieren um sich besser im Dschungel zu verstecken, Feinde per Seilpfeil an Bäumen aufknüpfen und auch aus dem Wasser heraus Feinden den Gar ausmachen. Die Schleichmechaniken haben mir sehr gut gefallen.

Aber auch wenn Lara zur Waffe greifen muss, fühlt sich das gewohnt gut an. Das Feedback ist hervorragend und die Action jederzeit gut kontrollierbar. Da habe ich gar nichts zu meckern.

Seltene Kopfnüsse

Einen größeren Sprung habe ich mir beim offeneren Weltdesign erwartet. So kommt ihr immer wieder in kleinere Hub-Welten, in denen ihr Händler und allerhand Nebenaufgaben finden könnt. Allerdings wird Shadow of the Tomb Raider dadurch nicht zu einem RPG. Ihr könnt Lara zwar mit neuen Fähigkeiten ausstatten, indem ihr durch das Erfüllen der Nebenaufgaben oder das Erledigen von Feinden Erfahrungspunkte sammelt. Ich empfand die Systeme allerdings als ein wenig aufgesetzt. Besser funktionieren da die Systeme zum Verbessern eurer Waffen und dem Erstellen neuer Kleidung, die wiederrum Statusverbesserungen mit sich bringen. Allerdings sind die Rohstoffanforderungen recht hoch.

Dass gewisse Systeme nicht ganz funktionieren liegt am Inhalt der meisten Nebenquests. Zwar gibt es positive Ausnahmen, aber in der Regel sollt ihr bestimmte Gegenstände finden, Gebiete abklappern oder einfach nur ein paar Feinde erledigen. Es werden einfach zu selten spannende Nebengeschichten erzählt.

Auch die eingestreuten Rätsel sind zu selten wirklich schwer zu lösen. Ich kann an einer Hand abzählen wann mich ein Rätsel tatsächlich für längere Zeit hat grübeln lassen und dann lag es meisten daran, dass der wichtige Hinweis schwer sichtbar im Level versteckt war. Positiv finde ich aber immer noch, dass am Ende der optionalen Krypten und Herausforderungsgräber eine sinnvolle Belohnung wartet. Auch wenn ich es fragwürdig finde, dass ihr in den Krypten neue Outfits findet und sie dann trotzdem nochmal craften müsst. Warum bekommt man nicht gleich die fertigen Klamotten?

Prachtvolle Ruinen

Voller Lob bin ich wiederrum beim Design und der technischen Umsetzung. Vor allem das Dschungel Setting voller alter Maya Ruinen sagt mir extrem zu. Ich habe im letzten Jahr erst selbst einige dieser monumentalen Bauwerke in der Realität betrachtet und im Spiel wird die Wirkung dieser großartigen Bauwerke perfekt eingefangen. Vor allem die Tempel in der versteckten Stadt Paititi strotzen nur so vor Detailreichtum und Atmosphäre. Gleiches gilt für die Dschungel-Landschaften, die mit einer dichten Vegetation überzeugen können. Die Spielwelt sieht einfach wunderschön aus.

Auch unsere Charaktermodelle sind  hervorragend gestaltet und einwandfrei animiert. Mir kommt es nur so vor, als wäre unsere Lara mit dem dritten Teil der Serie wieder etwas „fraulicher“ geworden. Oder kommt das nur mir so vor?

Abgerundet wird die tolle Präsentation durch bombastische Action Sequenzen und einer guten, wenn auch nicht überragenden musikalischen Begleitung.

Wenn ich etwas zu meckern habe, dann nur, dass Stimmen immer wieder etwas zu leise abgemischt sind und man daher Probleme haben kann, das Gesprochene zu verstehen.

Fazit

Shadow of the Tomb Raider ist ein umfangreiches Spiel, das in manchen Apsekten über das Ziel hinausschießt. Alles was in den Vorgängern Spaß gemacht hat, macht auch hier wieder Spaß. Die Klettereinlagen, die ich in diesem Test bis jetzt gar nicht weiter erwähnt habe, sind weiterhin extrem spaßig, die Kämpfe unterhaltsam und die Rätsel auf einem immerhin durchschnittlichen Niveau. Hätte man jetzt nur noch die Story ein wenig besser hinbekommen, wäre dieser Test vermutlich voll des Lobes gewesen. Leider verschenkt man genau bei diesem Kernelement das meiste Potential, weshalb der erste Teil der Trilogie weiterhin mein Favorit bleibt. Sollten euch die ersten beiden Titel gefallen haben, dann habt ihr auch mit dem Abschluss der Serie eure Freude. Leider endet man nicht mit einem absolutem Highlight.

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